Menschen, Länder, Abenteuer

von Harald Scheuplein


Reisebericht China Seidenstraße

 

Terrakotta Armee in Xian

Inhalt:

Peking
Große Mauer
Xian
Labrang

Dunhuang
Grotten von Mogoa

Kucha
Taklamakan

Khotan
Yarkant

Kashgar
Karakorum Highway


China ist für uns ein Land, weit im Osten. Von Frankfurt führt uns der
Flug mit Air China über Moskau und den Ural, wir überqueren die Mongolei und landen 9 Stunden später in Peking.

 

Unsere abenteuerliche Reise beginnt in Peking und führt uns entlang der Seidenstraße  über 3700km über Xian, Dunhuang, Turfan, Kucha, Kothan und den alten Handelsmetropolen Yarkant bis Kashgar und weit hinein ins Karakorum. Höhepunkt der Abenteuer Seidenstraße ist natürlich die Fahrt durch die Wüste Taklamakan zwischen Kucha und Yutian.

 

Peking, östlichster Punkt der Seidenstrasse. Wir werden das erste Mal mit chinesischer Kultur konfrontiert. Was sofort auffällt, sind die großen Entfernungen zwischen den einzelnen touristischen Highlights in Peking, und die Unmengen von Menschen. Peking hat 13 Millionen Einwohner aber nur 17000 private PKW. Überall in Peking  werden Hochhäuser gebaut, 2008 ist die Olympiade. Wohnviertel werden abgerissen, neue Hotels hingestellt.

Peking

 

Und zwischen all dem gibt es sie noch, die Sehenswürdigkeiten von Peking, hier der Himmelstempel. Auffallend ist natürlich die Architektur der Dächer mit viel Symbolik. Die Drachen gelten in China als wohltätige und glücksbringende Wesen. In der feudalen Gesellschaft symbolisiert der Drache die Autorität der chinesischen Kaiser. Sie bezeichnen sich oft als „Sohn des wahren Drachen“. Daher auch die vielen Drachen-Ornamente speziell an den Dächern.

Auf dem Platz des Himmlischen Friedens sind viele Menschen, einige tausend. Es geht sehr ruhig zu, die Polizei ist überall präsent.

Vor dem Mao Mausoleum warten die Chinesen geduldig, bis sie an ihrem ehemaligen Parteivorsitzenden und Führer vorbei patrouillieren dürfen.

Die Jugend Chinas ist bereits westlich orientiert. Das Handy ist fester Bestandteil des chinesischen Lebens.

Das Bild Mao Tse Tungs schmückt auch den Zugang zur verbotenen Stadt, dem Kaiserpalast. Der Kaiserpalast wurde in der Ming Dynastie vor ca. 600 Jahren errichtet. Durch den Umzug  des Kaisers von Nanjing nach Peking wurde Peking damals die Hauptstadt des Reiches und ist es bis heute. Der Palast ist mit seinen wichtigen Bauwerken von Nord nach Süd entlang einer Achse ausgerichtet. Der einfachen Bevölkerung war der Zugang zum Kaiserpalast verwehrt, daher erklärt sich auch der Name „verbotene Stadt“. Der letzte Kaiser dankte 1911 ab. Seit 1924  haben  die Bevölkerung und später auch die Touristen Zugang zur verbotenen Stadt.

Hinter dem Kaiserpalast, noch innerhalb der Palastmauern schließen sich die kaiserlichen Gärten an.

Der Sommerpalast ist der einzige noch heute erhaltene kaiserliche Garten und mittlerweile als Unesco Weltkulturerbe geschützt. Der See ist künstlich angelegt, der Park wird „Park der gehegten Harmonie“ genannt.

 

Während einer Bootsfahrt sieht man sehr schön den hoch über dem See im Dunst der Mittagssonne liegenden Sommerpalast. Der ständig über Peking liegende Smog trübt allerdings den gesamten Eindruck vom Sommerpalast und vom Park. Es gibt nur wenige Tage im Jahr, an denen der Himmel über Peking klar ist.

Große Mauer

Keine 80 km nördlich von Peking kann man einen wiederhergestellten Teil der chinesischen Großen Mauer besichtigen.Die alten Chinesen hielten die große Mauer für einen Drachen, aus dessen geschwungenem Schweif die Nation entsprungen ist. Zahlreiche blumige Sagen ranken sich um sie, dabei ist ihre wahre Geschichte noch erstaunlicher als alle Fabeln. Mit fast fünftausend Kilometern Länge übertrifft die Große Mauer alle von Menschen errichteten Bauwerke. Ursprünglich war sie gar nicht als ein einziges  Bauwerk geplant. Denn zunächst hatten Herrscher konkurrierender Königreiche im Norden Chinas einzelne Schutzwälle errichtet. Sie sollten die barbarischen Horden aus den nördlich gelegenen Steppen daran hindern in ihr Land einzudringen. Diese Teilstücke wurden ab dem 3. Jahrhundert vor Christus miteinander zu einer großen Mauer verbunden.

 

Xian

Mit dem Flugzeug geht es zur nächsten Station Chang An, oder wie es heute heißt Xian. Xian ist der eigentliche östliche Ausgangspunkt der Seidenstrasse.

Einer der touristischen Höhepunkte der Stadt ist die Große Wildgans-Pagode. Sie zählt zu den bekanntesten buddhistischen Pagoden Chinas.

Die Stadtmauer von Xi'an wurde Ende des 13. Jahrhunderts erbaut und in den 1980er Jahren renoviert. Sie umschließt die Innenstadt und ist mit einer Länge von fast 14 km die größte, erhaltene Stadtmauer in China. 4 Tore gewährten früher einen durch Zugbrücken geschützten Zugang zur Stadt. Diese Zugbrücken wurden morgens durch ein Signal des Glockenturms heruntergelassen und am Abend durch ein Signal des Trommelturms wieder hochgezogen.

Xian ist aber vor allem weltberühmt geworden durch die Terrakotta Armee.

Die 1974 von Landarbeitern bei Xian entdeckte Grabstätte des Kaisers Qin Shi Huang Di ist einer der bedeutendsten archäologische Funde des zwanzigsten Jahrhunderts. Kurz nach der Thronbesteigung 246 v. Chr. begann der Kaiser mit dem Bau seiner Grabstätte. Während der 36 Jahre dauernden Arbeiten waren bis zu 70.000 Arbeiter gleichzeitig mit dem Bau beschäftigt. Auf einem mehrere tausend Quadratmeter großen Areal wurde eine Grabkammer, geschützt von einer Armee lebensgroßer Tonsoldaten, der Terrakotta Armee, errichtet. Die Ausgrabungen sind noch lange nicht abgeschlossen, die Hintergründe noch lange nicht erforscht. Das Wissen um diese Tonarmee haben die Arbeiter mit ins Grab genommen.

Labrang

Labrang, 1709 erbaut, wurde zu einer Drehscheibe im Handel zwischen China, Tibet und den Städten der Seidenstraße. Es zählt zu den sechs größten Klöstern des tibetischen Buddhismus.

In der Blütezeit des Klosters lebten hier über 3000 Mönche. Heute gilt das Kloster Labrang wieder als ein wichtiges geistiges Zentrum in Nordwestchina und als höhere Lehranstalt des tibetischen Buddhismus. Inzwischen gibt es hier wieder über 2000 Mönche. Das Kloster hat sechs Studienfakultäten, in denen die Mönche buddhistische Theorie, Logik, Astronomie, Mathematik, Medizin, Kalligrafie, Phonologie, Tanzkunst, Malerei und Bildhauerkunst studieren können.

 

Diese herrlichen religiösen Kunstwerke sind aus gefärbter Butter von den Mönchen in mühevoller Kleinarbeit hergestellt. Sie müssen immer schön gekühlt bleiben was in der kalten Bergluft auf fast 3000 m Höhe nicht so schwierig ist. Und sie dürfen nicht ans Tageslicht wegen der direkten Sonneneinstrahlung..

Am Ortsrand von Labrang  liegen die auch von Tibet her bekannten langen Gänge mit den Gebetsmühlen. Jeder Buddhist, der Erlösung sucht, dreht die Gebetsmühlen auf denen der Spruch "Om Mani Padma Hum" geschrieben steht.

Dunhuang

Mit dem Nachtzug geht es entlang der Seidenstrasse weiter nach Dunhuang. Wir fahren in der so genannten weichen Klasse.

 

Inmitten der Wüstengebiete zwischen Gobi und Taklamakan liegt die Stadt Dunhuang. In Dunhuang verzweigt sich die Seidenstrasse. Die beiden Teilstrecken führen einmal nördlich über Turfan und Kucha und einmal südlich über Yarkant, bis sie sich in Kashgar, dem westlichsten Punkt der Taklamakan wieder treffen.

In Dunhuang finden sich blühende Gärten und fruchtbare Felder. Ein weit verzweigtes Netz von Bewässerungskanälen schafft die Voraussetzung für die Landwirtschaft, in der nach wie vor die meisten Bewohner der Region tätig sind. Produziert wird Baumwolle und Obst. Auf dem Basar ist alles zu bekommen, was man sich so für den fernen Osten vorstellt. Neben Gewürzen, Obst und Fleisch gibt es aber auch handwerkliche Güter und sogar ein öffentliches Telefon.

Natürlich wird langsam aber sicher der Tourismus in Dunhuang die Haupterwerbsquelle. Was die Stadt  mit 8000 Einwohner  für Besucher aus aller Welt so anziehend macht, liegt draußen vor den Toren. Wir sind überwältigt vom Anblick der ersten Sanddüne auf unserer Abenteuerreise. Für 50 Yuan, das sind 5 Euro, werden wir den ganzen Nachmittag bis zum frühen Abend auf einem Wüstenschiff durch die Gegend geschaukelt.

Mit dem Kamel geht es weiter zum nächsten Naturwunder: Mitten in der Wüste trifft man plötzlich auf eine Wasserstelle, den 200 Meter langen Mondsichelsee, der von einem unterirdischen Reservoir gespeist wird. Der See hat seinen Namen von dem halbmondförmigen Umriss der Wasserstelle. Obwohl er seit mehr als 1000 Jahren von hohen Wanderdünen umgeben ist, wurde er noch nie von ihnen verschüttet. Das liegt an den besonderen geografischen Gegebenheiten, die dafür sorgen, dass der Wind den Sand vom See fernhält. Wasserstellen wie diese waren für die Reisenden über Jahrtausende hinweg lebenswichtig und oft sogar die letzte Rettung.

Grotten von Mogoa

Eine weitere Sehenswürdigkeit, ja  sie gehören sogar zum Weltkulturerbe, sind die Grotten von Mogoa, die Höhlen der Tausend Buddhas. In diesen Grotten dankten Reisende auf ihrer Rückkehr von der gefährlichen Seidenstraße ihren Göttern und umgekehrt beteten aufbrechende Händler um eine sichere Reise.

Apsaras aus der
Grotte Nr. 288.

Die letzten Grotten stammen aus dem 3. bis 5. Jahrhundert nach Christus. Sie wurden danach vom Sand verschüttet und erst 1899 wieder von einem Mönch entdeckt. Dieser Mönch fand bei seinen Restaurierungsarbeiten eine Bibliothek mit weit über 50.000 Dokumenten. Eine Grotte enthält den 25 m hohen „Buddha der Zukunft“. den man leider nicht fotografieren darf. In anderen Höhlen sind sogar Gottheiten der Chinesen an die Wände und Decken gemalt, die Apsaras. Die geflügelten Gottheiten sind ein Schmuckelement, das in den Malereien der Höhlen von Dunhuang häufig verwendet wurde.

Turfan

In den „flammenden Bergen“,  die ihren Namen aufgrund des rötlichen Sandsteingebirges haben, treffen wir bei einem Halt unseres Busses auf Uiguren, die selbst hergestellte Ketten und Jadesteine verkaufen.

Mitten in den flammenden Bergen liegen die buddhistischen Grotten von Beziklik. Die ausgesprochen schöne Lage an den Steilwänden des grünen Murtuq-Tals lässt den relativ schlechten Innenzustand der Höhlen vergessen. Von deutschen und anderen Forschern geplündert, von muslimischen Horden geschändet und durch die chinesische Kulturrevolution fast vollends zerstört, ist von der einstigen Schönheit der Fresken und Statuen nur noch wenig zu sehen. Die schönsten Buddhas und Fresken können heute im Museum in Berlin-Dahlem bewundert werden.

Nach diesem etwas traurigen Zeugnis von religiöser Ignoranz und europäischem Kolonialismus geht es weiter zu den Ruinenstädten von Gaochang. Durch das Fehlen jeglichen Regens konnten sich die bis zu drei Stockwerke umfassenden Lehmbauten über mehr als 1000 Jahre erhalten. Einzig die Winderosion hat bewirkt, dass die Unterscheidung, welche Gebäudeteile aufgemauert und welche aus dem Boden herausgehauen waren, meist nicht mehr möglich war. Zu stark waren die Lehmziegel zu einem Gefüge verfestigt und durch Sand und Wind zu bizarren Formen geschliffen worden.

In der Nähe von Turfan liegt auch die alte Sulaiman Moschee mit dem 30m hohen kunstvoll gemauerten Emin Minarett. Das Minarett wurde um 1780 im afghanischen Stil aus rohen Lehmziegeln zu einem kunstvollen, fein gegliederten Turm aufgemauert. Malerisch fügt sich die Anlage zum Oasen-Bild der Rebgärten und Trockenhäuser, in denen die hier wachsenden Weintrauben zu Rosinen getrocknet werden. Weinherstellung war hier nicht üblich, da die Moslems keinen Wein trinken.

Am nächsten Morgen besichtigen wir die 10 km außerhalb von Turfan gelegene sehr eindrucksvolle Ruinenstadt Jiaohe. Jiaohe war früher Hauptstadt des Cheshi-Reiches, welches im 14. Jahrhundert von Dschingis Khan bei seinen Feldzügen endgültig zerstört wurde. Auf einem 1000 x 300 m großem Plateau, umgeben von 2 Flusstälern,  sind eine Vielzahl von dachlosen Lehmhäusern und eine zentral gelegene Tempelruine zu besichtigen.

Obwohl Turfan mit seiner Lage von 150 m unter dem Meeresspiegel und Binnenklima sehr trocken ist, hat es doch aus dem nördlich gelegenen Tienshan Gebirge eine sehr gute Wasserversorgung. Das ermöglicht den Anbau von Weintrauben im großen Stil. Überwiegend werden die Weintrauben in den Trockenhäusern mit heißem Wüstenwind getrocknet. Das gibt einen einzigartigen herrlichen Geschmack. Wir kaufen uns natürlich für unsere Weiterfahrt gleich ein Kilo.

Ein unterirdisches Kanalsystem, das Karez, bewässert noch heute die circa 10.000 qkm große Oase Turfan. Vom fernen Tienshan Gebirge wurden vor mehr als 2000 Jahren unterirdische Gänge mit einer Wasserrinne gegraben. Etwa alle Kilometer befindet sich  ein Einstiegsschacht, durch den auch in den Wasserkanal eingeschwemmte Erde wieder hinausgebracht wird. Manchmal stehen auch Bäume direkt im Wasser, wobei die Krone über den Schacht hinausragt.

Kucha

Die Fahrt mit der Eisenbahn von Turfan nach Kucha dauert die ganze Nacht. Wieder fast 1000 Kilometer mit dem Schlafwagen in der weichen Klasse. Am Abend sehen wir noch die Wüste Taklamakan, an der wir entlangfahren, von einer Oase zur nächsten. Ruinenstädte zeugen davon, dass es hier auch einmal mehr Wasser gegeben hat. Vielleicht wurden auch hier unterirdische Bewässerungskanäle angelegt, die später wieder versandeten.

Auf der Busfahrt von Kucha zu den Tausendbuddha-Höhlen von Kizil kommen wir durch recht eigenartig geformte Canyons.

Die Höhlen von Kizil sind in einen etwa 1 km langen Steilhang entlang des Muzati Flusses gegraben. Einige der über 200 Höhlen gehören zu den ältesten buddhistischen Höhlentempeln Chinas aus dem 3. Jahrhundert nach Christus. Interessant ist die Mischung von indischer und chinesischer Kunst bei den Wandmalereien. Leider dürfen wir, wie so oft, in den Grotten selbst nicht fotografieren

Kucha war in der Blütezeit der Seidenstraße das politische und kulturelle Zentrum der chinesischen Westregion. Kucha hatte damals entlang der Seidenstrasse den höchsten aller Feuertürme. Die Feuertürme dienten dazu, Nachrichten schnell über große Strecken mittels Feuer und Rauchzeichen zu übermitteln.

Entlang der alten Seidenstrasse sind immer wieder Ansiedlungen zu finden, die mit der Zeit verfallen sind. Sie waren jedoch in der Hochblüte der Seidenstrasse wichtige Handelsstützpunkte oder buddhistische Zentren, so auch hier die Klosterstadt am Fuße des Tienshan Gebirges bei Kucha

Taklamakan

Auf dem Basar in Kucha versorgen wir uns noch mit Lebensmitteln und vor allem mit Wasser. Jetzt kommt der spannendste Teil der Abenteuer Seidenstrasse Reise, die Fahrt quer durch die Wüste Taklamakan, von Norden nach Süden. Die erste Trans- Taklamakan Straße wurde 1995 als Öl-Transportstraße in Betrieb genommen. Mit einer Länge von 500 Kilometern ist sie die weltweit längste Wüstenstraße
Am
Tor zur Wüstenstrasse halten wir nochmals kurz an, vertreten uns nochmals die Füße und sind gespannt wie es weiter geht. Was hält die Wüste für uns für Überraschungen bereit.

Die genaue Bedeutung des Namen „Taklamakan“ ist unklar. Der Name stammt wahrscheinlich aus dem Uigurischen und lautet so viel wie „Begib dich hinein, und du kommst nie wieder heraus“. Es gibt aber auch Übersetzungen wie „Platz ohne Wiederkehr“ oder „Wüste des Todes“. Allen Interpretationen gemeinsam ist aber, dass es sich um eines der lebensfeindlichsten Gebiete der Erde handelt.
Die
Taklamakan Wüste ist die größte zusammenhängende Sandwüste der Welt. Einen besonderen Reiz bekommt sie aber durch die Seidenstraße, deren nördliche und südliche Route am Rand der Taklamakan verlaufen. Über die Jahrtausende haben Handelskarawanen wohlhabende Städte und eine großartige Kultur entstehen lassen. Manche dieser Städte hat die Taklamakan inzwischen verschlungen, andere sind nur noch Ruinen.

Am südlichen Rand der Taklamakan begegnen uns die ersten freilaufenden Kamele.

Das Wetter wird immer diesiger, Wind kommt auf. Bald sehen wir keine 50 Meter weit. Ein Sandsturm. Wir haben Angst, dass unser Vergaser versandet und wir liegen bleiben.

Kaum sind wir dem Sandsturm entronnen, ist die Brücke von einem reißenden Bach weggespült. Ein Tanklastwagen hat es nicht mehr geschafft. Wir fahren mit zitternden Knien über die Behelfsbrücke, unser Busfahrer wird’s schon schaffen.

Khotan

Entlang der Südroute der Seidenstrasse geht es von Minfeng über Yutian, Hotan bis Kashgar. Das alte Königreich Hotan oder Khotan, wie es auch oft genannt wird, war früher ein Symbol für Reichtum. Hotan war wichtigster Lieferant und Handelsplatz für Seide, Jade und Teppiche. In der Altstadt von Yutian und Hotan können wir noch heute die alten Handwerke sehen. Wir sehen wie Seide aus den Kokons der Seidenraupe gewonnen wird, oder wie nach Jahrtausende alten Rezepten Papier hergestellt wird. Und wir erleben das Flair aus tausend und einer Nacht mit freundlichen und bezaubernden Menschen.

 

Gleich ein paar Straßen hinter dem Basar, wo nicht mehr das rege Treiben des Marktes herrscht, begegnen wir freundlichen und aufgeschlossenen Menschen. Kaum heben wir den Photoapparat um zu fragen, ob wir sie denn fotografieren dürften, huscht schon ein Lächeln übers Gesicht. Alt und Jung drängelt sich um uns und freut sich, wenn wir die Bilder auf dem Display der Digitalkamera zeigen.

Sind die Häuser auch aus Lehm und Stroh gebaut, so sind doch die Tore manchmal wahre Kunstwerke und der Stolz ihrer Besitzer.

Hier wird der Rohstoff für die herrlichen Seidenschals oder Seidenteppiche gewonnen. Die Kokons der Seidenraupe werden mit heißem Wasser überbrüht und schon kann der hauchdünne Seidenfaden abgewickelt und auf einer Spindel aufgewickelt werden.

Oftmals ist bei der Seidenspinnerei auch gleich die ganze Verarbeitung der Seide bis zum Endprodukt dabei. Hier werden feine Seidenstoffe gewoben und auch Seidenteppiche hergestellt. Meist wird die Arbeit von Frauen und Kindern ausgeführt. Der Lohn ist niedrig, oft nur 80 Euro im Monat, und eine 40 Stunden Woche gibt es schon gar nicht.

In einem Hinterhof, hinter Lehmmauern dürfen wir zuschauen, wie ein alter Mann noch nach uralten Rezepten Papier herstellt. Natürlich müssen wir für 10 Yuan ein bereits beschriftetes Exemplar abkaufen.

Yarkant

Yarkant ist ein Zentrum für Jade und Jadeverarbeitung. Am Fluss suchen wir selbst nach Jadesteinen. Aber bald merken wir, dass es einfacher ist, diese Steine von den Händlern abzukaufen als selbst zu finden. In einer Schleiferei können wir wahre Meisterwerke der Jadeschleifkunst bestaunen.

Ansonsten ist Yarkant natürlich bekannt durch seine Moscheen. Die Architektur und Ausschmückung der Gebäude ist schon einmalig.

Kashgar

Das Ziel ist erreicht, Kashgar, der westlichste Punkt der Seidenstraße, den wir auf unserer Abenteuerreise besuchen. Kashgar, das ist der Dreh und Angelpunkt, das Zentrum der Seidenstraße. Die über 2000 Jahre alte Oasenstadt, am Fuße des Pamirs, Schnittpunkt der nördlichen und südlichen Route und das Tor zu den Pässen nach Zentralasien, Kirgisien, Indien und Persien. Vom Pamir und Karakorum Gebirge her kommend, wurden hier, zur Blütezeit dieser sagenumwobenen West/Ost-Verbindung, die robusten Yaks und erschöpften Packpferde gegen Kamele eingetauscht, um den Weg Richtung Dunhuang fortsetzen zu können. Auch heute hat der Ort eine wichtige Bedeutung für die spärlichen, wenn auch ständig zunehmenden Ströme von Touristen. Nach wie vor hat die Stadt einen stolzen Anteil von 90% Uiguren und ist damit das islamische Zentrum Chinas.

Wie überall entlang der Seidenstrasse können wir auch in Kashgar die alten Handwerkskünste bestaunen. Hier wird noch gearbeitet wie vor 200 Jahren in Mitteleuropa.

An jedem Sonntag ist Viehmarkt. Der Viehmarkt in Kashgar ist der größte weit und breit. Man sagt, dass zu den rund 160 000 Einwohnern an solchen Tagen nochmals die gleiche Anzahl dazukommt. Auf dem Viehmarkt am Flussufer werden Kamele, Esel, Rinder, Schafe und Ziegen angeboten, Pferde eingeritten, Zähne geprüft und Geschäfte geschlossen. Und dann ist natürlich zugleich noch der Sonntagsbasar wo man alles und jedes einkaufen oder verkaufen kann.

Wir besuchen das Grabmal von Xiangfei, der „duftenden Konkubine“. Xiangfei war die Konkubine vom Qing Kaiser Qianlong. Der Kaiser mochte ihren blumenartigen Duft und gab ihr deshalb diesen Namen was soviel wie "duftende kaiserliche Konkubine" bedeutet. Unglücklicherweise starb Xiangfei bereits sehr früh an einer Krankheit. Kaiser Qianlong war darüber sehr traurig und ließ  entgegen der sonst üblichen Praxis die sterblichen Überreste der Konkubine zurück in ihre Heimat nach Kashgar überführen, wo sie in einem Familiengrab der Abak Hodscha Moschee ihre letzte Ruhe fand.

Karakorum Highway

Kashgar ist ein Knotenpunkt der Seidenstraße. Neben der Hauptroute Richtung Persien, Irak und Türkei beginnt hier auch der Südabstecher nach Pakistan und Indien, der Karakorum Highway. Es ist wohl eine der schönsten, abwechslungsreichsten, verrücktesten und mit ihren 1300 km wahrscheinlich die längste Passstrasse der Welt.

Bald nachdem wir die Oase von Kashgar verlassen haben, fahren wir bereits den Pass hinauf und durch tiefe Schluchten. Die Strasse windet sich stetig aus dem innerasiatischen Tarim Becken in die Höhe und wir erreichen ein Hochplateau. Die Berge bekommen wieder sanfte Formen, sie sind aber 4000 bis 6000 m hoch, die höchsten mit Schnee bedeckt. Am Straßenrand stehen Händler und warten schon auf die seltenen Touristen. Am Tage kommen 2 oder 3 Busse vorbei, das ist alles. Die Verkäufer sind entsprechend aufdringlich. Ohne zu handeln kann natürlich nichts gekauft werden. Um den Preis wird lange und ausführlich gefeilscht, zum Genuss aller Beteiligten.

Wir kommen nach vier Stunden Fahrt am Karakul See an. Auf 3600 m gelegen liegt der Karakul See mitten im Karakorum, umgeben von Siebentausendern. Es ist noch nicht der höchste Punkt der Passstraße. Hier leben noch die Nomaden in ihren Zelten wie in alten Zeiten. Es sind Kirgisen, die hier im grenznahen Gebiet ihre Jurten aufgeschlagen haben.

 

Wir wandern noch ein kurzes Stück am Karakul See entlang bis zum alten Friedhof.

Ein paar Bauern holen Gras für ihr Vieh daheim im Stall mit einem Kamel als Transportmittel. Aufs Feld aber fährt man auch hier schon mit dem Moped. Natürlich mit einem Seidenteppich als Auflage zum Sitzen. 

Für kurze Zeit kommt die Sonne durch und dann sehen wir ihn, den Vater aller Eisberge, den Mustagh Ata, 7500 m hoch. Wir haben den höchsten Punkt und gleichzeitig den Höhepunkt unserer Abenteuerreise entlang der chinesischen Seidenstraße erreicht. Traumhaft.